Tobias Schwaderlapp, Diözesanjugendseelsorger und Rektor von Haus Altenberg, über das diesjährige Motto
"Ich bin bei dir — steh auf!"
„Lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts“ (Röm 13,12)
Zwei kurze Sätzchen – die ultrakurze Zusammenfassung der ganzen Bibel. Ich bin bei dir, kürzer kann man die ganze Geschichte Gottes mit den Menschen nicht zusammenfassen. Steh auf! Stärkung, Motivation, Inspiration, Trost, Heilung, Mut – das schwingt ja alles mit.
Zwei kurze Sätzchen, die der Initiativkreis des Altenberger Lichts in diesem Jahr in eine Welt, in eine Gesellschaft und eine Kirche hineinruft, die diese Stärkung ganz offensichtlich bitter nötig haben. Mensch, du bist nicht allein. Mensch, du kannst was bewegen. Aufstehen lohnt sich, Kraft hast du.
Ich brauche solche Sätze, weil es oft genug Momente gibt, in denen ich irgendwie genau das Gegenteil erlebe. Es fühlt sich zumindest so an. Wer hat sich nicht schon verlassen, isoliert und einsam gefühlt? Mir geht das jedenfalls viel zu oft so, auch im vergangenen Jahr. Und manchmal, wenn es ganz dunkel ist, scheinen ganz eiskalte Hände nach meinem Herzen zu greifen. Ich fühle mich nicht verstanden, nicht gesehen, ignoriert, belächelt – von Menschen allein gelassen, und vielleicht sogar „gottverlassen“. Wenn ich traurig bin, dann ist das Schlimmste daran das Gefühl: allein damit zu sein. Ich glaube, das geht nicht nur mir so. Und genau dann brauche ich diesen ersten Satz: ich bin bei dir! Ich brauche ihn vor mir, in meinem Ohr, in meinem Herzen. Dann flüstert, haucht eine Stimme ganz, ganz leise in mir: ich bin bei dir. Ob das Gott ist? Ich glaube schon. Es würde jedenfalls ganz zu dem Gott passen, von dem uns die Bibel erzählt. Im brennenden Dornbusch wird das ja sogar der Name Gottes. Und wenn ich dieses Sätzchen höre, weiß ich, dass es wieder aufwärts geht.
Ich bin nicht mutterseelenallein und nicht gottverlassen. Auch wenn es manchmal so scheint, wenn mich die „Werke der Finsternis“ umgeben: wenn ich Facebook öffne (ja, ich gehöre noch zu „dieser“ Generation…), dann sehe ich das permanent, und es belastet mich: es wird polarisiert, pauschalisiert und polemisiert, ausgegrenzt und beleidigt, absichtlich missverstanden und gelogen. Natürlich nicht überall, aber doch viel zu oft. Dann schaue ich die Nachrichten, auch nicht besser. Irgendwie jeder gegen jeden, jede gegen jede. Alle gehen dauernd nur voll aufeinander los. Werke der Finsternis. Und auch in der Kirche hat sich viel Finsternis gezeigt und breit gemacht, in der Kirche, die doch eigentlich ein Ort des Lichtes sein soll. Stattdessen diese furchtbaren Verbrechen, Dunkelheit – und endloser, scheinbar unversöhnlicher Streit. Und wieder lasse ich den Kopf hängen. Werke der Finsternis.
Bin ich, sind wir vielleicht doch allein und gottverlassen?
Nein. Damit will ich mich nicht abfinden, kann ich mich nicht abfinden, muss ich mich nicht abfinden.
Ich bin bei dir – deshalb steh auf. Steh auf, und lass den Kopf nicht hängen. Die Botschaft ist nicht: „alles nur halb so wild“, die Botschaft ist keine Verharmlosung. Sie lautet: die Finsternis ist real – aber sie ist nicht endgültig. Und es gibt ein Licht. Gegen die Finsternis steht das Licht. Und wo Licht hinkommt, hört die Finsternis auf. Gegen die Waffen des Lichts haben die Werke der Finsternis am Ende keine Chance. Transparenz und Ehrlichkeit, Versöhnung, Heilung und Vergebung, Zuhören und Geltenlassen, Liebe, Geborgenheit und Leben. Wo Licht hinkommt, kann neues Leben wachsen.
Steh auf! Denn ich bin bei dir, neben dir, um dich herum, in dir. Das ist das große Versprechen Gottes. Ich habe mich vom Himmel auf die Erde auf den Weg zu dir gemacht. Mein Licht brennt in der Osterkerze, im Altenberger Licht, und in ganz vielen Menschen!
Auch in dir.
Versprochen!